Neulich sass ich im Büro bei uns zu Hause und hörte ganz dumpf die Stimmen von Nummer 1 und Nummer 2 sowie Significant Other aus dem unteren Stockwerk. Unser Büro ist noch gut isoliert, da hört man eigentlich nur so ein dezentes Brummeln, wenn jemand in den unteren Stockwerken spricht. Aber an diesem Morgen hörte man plötzlich Significant Others Stimme ziemlich deutlich, als er zu Nummer 2 sprach. "Nei!! Nei nei nei! Sicher nöd d Wand amaale!" In solchen Augenblicken muss ich mich dann schon stark zusammen reissen um dem Impuls zu wiederstehen, wie Superman die Treppen hinunter zu fliegen und nachzuschauen, welche der schönen schneeweissen Wände wohl dieses Mal hat dran glauben müssen. Ich unterdrückte den Putzteufelimpuls und fuhrt damit fort, einen Text zu Ende zu schreiben. Mit einem Ohr jedoch "verfolgte" ich mit, was da unten dann geschah. Offenbar hatte Nummer 2 nach der Strafpredigt doch mit dem Malen (zumindest an der Wand) aufgehört und man hörte dann ein leises Schrubbgeräusch, das immer lauter wurde.
*Pic: leider unbekannter Absolutrechthaber auf Someecards* |
Wenn man sich einen Tag lang mit Kleinkindern mal selber zuhört, merkt man, wie oft man sich wiederholt. Ja man redet sich von morgens früh bis abends spät richtiggehend den Mund fusselig, und man braucht vor allem ein bestimmtes Wort öfter, als jedes andere: NEIN. Ich erinnere mich, als Nummer 1 in dieses Alter kam, wo man sie immer wieder warnen, ermahnen oder ihr etwas verbieten musste. Das setzt ja dann spätestens ein, wenn die Kinder langsam beweglich werden. Ein befreundetes Paar erzählte einmal davon, wie sie im Urlaub - unterwegs mit ihrer Tochter, die damals noch ein Tragebaby war - einer Familie mit mehreren Kleinkindern begegnet waren. Die hatten ihr Baby mit Entzücken betrachtet und ihnen mit auf den Weg gegeben: "They're soooo cute when they're not yet mobile!". Zugegeben, das hat was. Obwohl es natürlich toll ist, mit anzusehen wie die Kleinen laufen lernen und plötzlich mit Leidenschaft auf Trip Trap, Tisch und Kommode steigen, steigt die Verwendung des Wortes "Nein" doch proportional zu den selbst getätigten Kinderschrittchen.
Es gibt einfach Tage, da kriege ich den Eindruck, dass das Wort "Nein" im selben Rhythmus meine Lippen verlässt, wie ein Maschinengewehr Munition abfeuert. Gäbe es einen Schrittzähler für "Nein's" wie für gemachte Schritte pro Tag zwecks Monitoring des Kalorienbedarfs, mein Zähler hätte seine helle Freude an mir. Würden Eltern für jedes "Nein" eine Kalorie verbrennen, könnten sie jeden Tag zwei Schoggitafeln extra runterschlingen. Gut für die Nerven wäre es allemal.
*You better listen to Mr. Norris, Kid.* |
Kinder übernehmen ja beim Spracherwerb jene Wörter meist zuerst, die sie am häufigsten hören und die auch einigermassen leicht auszusprechen sind. So gesehen ist es absolut kein Wunder, haben wir grossen Nein-Sager auch zuweilen zwei störrische kleine Nein-Sager zu Hause. Denn "Nein" haben Nummer 1 und Nummer 2 wie viele Kinder ihres Alters bestimmt eine Zilliarde Mal gehört, und hinzu kommt noch, dass "Nein" auf Finnisch leider noch viel einfacher auszusprechen ist.
Ich wäre furchtbar gerne im Alltag mehr ein Ja-Sager als ein Nein-Sager. "Ja Schätzli, lauf doch eifach mit de dräckige Gummistiefel dur'd Wohnig, das macht doch nyyyyt!""Ja min Buttermocke, klar därfsch s Bett vo Mami und Papi als Trampolin bruche!" - "Ja mis Zuckerhäsli, aber nimm dir doch eifach no es vierts Stuck Glacetorte!". Nur einen Tag lang ohne Konsequenzen auch mal die "Gute" sein dürfen, statt immer der "Drache-Du-seisch-immer-NEI". Ich würde so einen Tag voll auskosten. Leider gibt es solche Tage nicht. Aber wenn die elterlichen Nerven es zulassen und sich für einmal drahtseilgleich zeigen, dann gibt es solche kleinen Inseln mitten im Tag drin, wo man auch mal Fünfe grade sein lassen kann.
Denn neben den vielen Nein's kann man ja kaum zu viel Ja sagen, oder?
*Ja-Sager sind besser als ihr Image* |