Ich wünschte, unter den Zuckersündern dieser Welt gäbe es auch eine Art Beichte, wo man sich in einen Beichtstuhl setzen kann und wo man dann erzählt, was in dieser Woche nicht so gelaufen ist, wie man es gerne zuckerfrei gehabt hätte. An dieser Stelle werde ich nämlich beichten. Denn ich habe gesündigt, und erkläre mich für schuldig in allen Anklagepunkten.
Gestern Abend um ca. 22:00 ereignete sich im beschaulichen Dorf, wo ich wohne, ein grausames Verbrechen. Es war ein stilles Verbrechen, denn das Opfer konnte sich nicht wehren. Resultat der Tat war denn ein Keinohrhase, der in keinster Weise mit einem Stoffhasen aus dem gleichnamigen Film vergleichbar ist. "Was hat sie denn - Hase ist doch Fleisch - Fleisch ist doch kein Zucker", könnte man dem entgegenhalten. Aber wenn der Hase aus Oster besteht, und der Täter Schokolade liebt, dann geht diese Gleichung nicht auf.
*CSI (Sieh es ein), das Fleisch ist schwach.* |
Kurz: Ich habe abgebissen. Und der Anfang vom Ende begann wie folgt. Alles lief eigentlich gut am Tag 5 ohne Zucker. Doch als ich abends dann wieder frierend auf dem Sofa lag, wollte ich mir eine warme Schokolade (schon geplant mit Milch, Wasser, Stevia und Kakaopulver ohne Zucker) zubereiten. Den Hasen hatte ich am Sonntag ja wohlweisslich versteckt und unterdessen auch verdrängt, wo er war. Dummerweise starrte er mich beim Öffnen der Schublade, wo meine Lieblingskakaotasse drin verstaut ist, mit seinen grossen Lindt-Augen an, und sein Blick sagte aus: "Iss mich!". Ich schloss ihn ohne lange zu überlegen in die Arme wie Rhett Butler es mit Scarlett O' Hara getan hatte. Gone with the wind war auch rasch das erste Hasenohr, dann das zweite, dann der Kopf. Klassisch wäre eine Szene wie folgende gewesen, wo ich mit just abgebissenem Hasenohr in der Küche stehe und mich Significant Other beim Naschen ertappt, und ich mit vollem Schokoladenmund stammle "...es ist nicht so wie es aussieht!". Doch gestern war niemand da, um das Verbrechen zu kommentieren. Fast war es so, als wäre nie etwas passiert.
Ich ging anschliessend schlafen und ich träumte was Schönes (nicht von Schokolade notabene), wachte ausgeruht auf und vor allem fror ich nicht mehr. Deshalb musste ich heute nicht lange überlegen, ob ich hier nun die Wahrheit über mein Scheitern erzähle, oder nicht. Ich will ehrlich sein: Die 5 Tage ohne Zucker waren lehrreich. Ich werde einige Produkte, die wir im Kühlschrank hatten, wohl eher skeptisch betrachten und vielleicht auch nicht mehr so oft einkaufen, wie auch schon. Definitiv werde ich Salatsaucen und solche Dinge künftig lieber selbst zubereiten und Schokolade mit Süssstoff kommt also nicht mehr ins Haus. Allerdings könnte ich Gefallen am Modell finden, ab und zu 2-3 zuckerfreie Tage einzustreuen, aber sonst im Alltag relativ zuckerarm zu essen, wobei ich auf ein Stück Schokolade ab und zu sicher nicht verzichten werde. Warum?
*unknown creator* |
Ich habe bemerkt, dass ich gar nicht generell Lust auf Süssigkeiten hatte. Ein Stück Schoki oder etwas Frozen Yo hätten mir in den meisten Fällen schon gereicht. Durch einen für mich eher langzeitigen Verzicht über viele viele Tage hingegen befürchte ich, dass der Gluscht auf diese Süssigkeiten dann eine so grosse Übermacht gewinnt, dass ich dann an einem "Cheating Day", an dem Zucker erlaubt wäre, hemmungslos über alles herfallen würde, was im entferntesten Sinn süss aussieht. Das muss nicht sein. Ich bin immernoch ein grosser Fan von Clean Food und dabei werde ich zu 75% auch bleiben. Aber wenn ich ins Restaurant gehe oder bei Freunden esse, mache ich bestimmt nicht den mühsamen Gast, der vor jedem Gang fragt, was da genau drin ist.
Seit Samstag Abend und dem Beginn der Challenge habe ich auch viel über Zucker und was er im Körper so alles machen kann, gelesen. Und ich komme zum Schluss, dass auch hier die Dosis das Gift macht. Genau gleich wie bei Rotwein, der ja auch gut oder schlecht sein kann, je nach dem wie viel man davon aus welchen Gründen konsumiert. Ich habe auch viele Erfahrungsberichte von anderen Leuten gelesen, die mehr oder weniger lang auf Zucker verzichtet haben. Es hätte mich Wunder genommen, wie sie langfristig leben. Denn viele haben eine Zeit lang von ihrem Verzicht berichtet, aber danach weiss man gar nicht, wie es weiter ging.
Im Titel steht nach "Day 6" ein Fragezeichen. Dies, weil heute sicher kein Challenge Tag mehr ist, ich aber ganz sicher nicht auf die Idee kommen werde, mir sämtlichen Zucker der Welt einzuwerfen, nur weil ich gestern Abend einem Osterhasen erlegen bin. Im Kopf läuft das Programm "...ob es da Zucker drin hat?" noch immer ab, wenn der Hunger kommt. Und ich werde auch heute beim Ausgehen darauf achten, was auf den Teller kommt. Allerdings nicht sklavisch.
Denn eines habe ich gelernt. Ich möchte weder von Zucker abhängig sein, der in sehr sehr vielen Esswaren lauert, von denen man es nicht denken würde. Aber: ich möchte auch nicht abhängig sein von einer extremen Einstellung gegenüber Lebensmitteln. In ein solches Korsett habe ich mich schon einmal begeben, been there, done that, no thanks. Deshalb lieber weniger Süssigkeiten zur Auswahl (mir reichen eigentlich meine zwei vorerst) dafür wirklich etwas Gutes und kein Fake Produkt mit Süssstoff, welches den "Hunger" ja nicht wirklich stillt, da es nicht das ist, was es vorgibt zu sein. Und für irgendetwas macht man ja auch Sport ;) nicht wahr.
Ich verliere die Wette hoch erhobenen Hauptes und verneige mich vor all denen, die konsequenter sind als ich, und auch fiesen Schokoladenhasenohren ohne mit der Wimper zu zucken wiederstehen können.