Da sind wir nun, Tag 2. Der erste Tag verlief ohne grosse Schwierigkeiten, obwohl wir an ein Fest eingeladen waren und auch dort massig Köstlichkeiten lauerten. Hinzu kommt auch, dass meine beste Freundin einen der irgendwie beinahe überall ausverkauften Lindt-Haselnuss Hasen gefunden hatte und ihn mir gestern mit den Worten "De hani im Coop gse und grad a dich denkt!"überreichte. Ich habe mich sehr gefreut und den Hasen schweren Herzens bis Sonntag versteckt. Und ich hoffe ganz fest, dass ich vor lauter Unterzuckerung bald vergesse, wo ich ihn hingetan habe. Tag 1 wird also als Erfolg verbucht, war ja jetzt auch keine Meisterleistung, ein einziger Tag. Aber ich habe allein gestern schon die Erfahrung gemacht, dass so ein Verzicht ganz schön kompliziert sein kann.
Come to Mama. No wait - DON'T come to Mama!! |
Es ist eine Sache, eine Woche (oder länger) ohne Zucker zu überstehen, wenn man das als Single-Person durchzieht. Oder von mir aus wenn man alleine lebt. Aber wenn man seinen Kühlschrank mit einer oder mehreren Personen teilt, dann wird das Ganze wirklich knifflig. Was erinnere ich mich an diverse Ernährungsumstellungen der Vergangenheit, die allesamt relativ einfach über die Bühne gingen, weil mir niemand übel nahm, dass ich am Abend hungrig und manchmal auch ziemlich gereizt herumsass (wahlweise herumlag) und auf das Frühstück am nächsten Morgen gierte. Jetzt ist das ein bisschen anders. Nummer 1 und Nummer 2 haben kein hässiges Muttermonster verdient, welche sie wegen akuter Unterzuckerung oder zu niedriger Kalorienzufuhr anschnauzt. Man merke deshalb: Solche Experimente sind mit Familie im Gepäck immer ein wenig anders, als ohne. Aber abgesehen davon ist der Vorbildfaktor, den man als Elternteil ja auch in punkto Ernährung hat, gar kein schlechter Hebel, um dran zu bleiben.
Wo überall Zucker drin ist, zeigt sich schon beim Einkaufen, was wir in unserer Familie auch gern einmal Online erledigen und uns die Einkäufe nach Hause bringen lassen. Nummer 1 hilft da schon fleissig mit "Ich will das da. Und das da und neiiii nöd scho wieder Broccoli…wäääh…" und bei den meisten Produkten kann man sogar nachschauen, was da drin ist. Und es ist wie es kommen musste. Was wir alle unterschwellig schon wissen, wird einem richtig bewusst, wenn man konsequent darauf verzichten möchte: Sugar is everywhere. Wie viele Suppen und Saucen und sogar Brötchen (!) musste ich aus dem virtuellen Einkaufswagen kippen, weil auch sie die verräterische Zutat enthalten? Es kam mir gestern an Tag 1 sogar der Gedanke, ein Revival von "Und schon wieder backt sie" zu starten, nur um genau zu wissen, was da in meinem Brötchen drin ist.
Heute an Tag 2 ging das Ganze so weit, dass ich frühmorgens meine Nature-Sojajoghurts (und die haben nicht wahnsinnig viel Geschmack) umdrehte und auch da: Wenig, aber dennoch Zucker. Rohrzucker allerdings, wobei das ja dann wirklich keinen Unterschied macht. Mit Blick auf das Ablaufdatum stellte ich die Becher gleich wieder in den Kühlschrank und entschied mich für Beeren und Käse. Den Latte Macchiato (ohne Zucker!) liess ich mir dann aber nicht nehmen. Zuckerfreier Kaugummi ist nun auch immer dabei und nein - ich starte hier keine Diskussion über Süssstoffe - muss jeder selber wissen, ob er/sie diese einsetzen möchte. Ich denke auch hier ist das Mass entscheidend. Ein ständiger Blähbauch ist hier wohl eher ein Indiz dafür, dass man zu viel des Guten erwischt hat. Mein alternatives Frühstück (Brötchen zum Latte Macchiato vom Kiosk) liess ich auch sein, denn ich kann ja nicht wissen, was in dem Brötchen drin ist. Erstmals komme ich mir ein wenig vor wie ein Allergiker, der wirklich jeden Bissen umdrehen muss - und empfinde es als grosses Privileg, hier nur ein Experiment durchzuführen.
Beim Mittagessen begnügte ich mich mit Salat, Kichererbsen, Couscous und Fleisch, wobei ich in Gedanken schon überlegte, was wohl in der Salatsauce drin war. Aber diese war aus Öl und Essig gemacht, wie ich live sehen konnte, und ich war beruhigt, nicht schon am 2. Tag in den Zuckertopf getreten zu sein. Schwieriger gestaltete sich der Nachtisch, denn normalerweise folgt auf den Lunch ein feines Stück Schokolade oder dergleichen. Aber nix da. Ich wühlte im Coop nach zuckerfreien Joghurts (finde nur eine Hand voll…) und kaufte eine Schale mit Mangostücken. Das muss reichen. Anschliessend noch einen Latte Macchiato und nun hoffe ich, dass ich den Rest vom Tag genau so durchhalte, wie gestern. Ob es gelingt, zeigt das morgige Posting!
Zum Gemütszustand von Tag 2 lässt sich festhalten: Ich träume noch nicht wirklich von Süssigkeiten aber selbstverständlich denke ich ab und zu daran, so ein köstliches Osterhasenohr abzubeissen. Mache ich natürlich nicht, und wenn doch, gebe ich es zu.