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Channel: Und schon wieder schreibt sie.
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Goodbye, Dr. Dream-Eye.

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Diese Woche habe ich ja noch einmal allen Mut zusammengenommen und habe mich widerwillig in Richtung Zahnarzt bewegt. Zu Dr. Dream-Eye. Denn er musste da eine Sache noch zu Ende bringen. "Das isch imfall nöd schlimm" - so meine beste Freundin, die auch schon in den Genuss derselben Zahnbehandlung, die mir bevorstand, gekommen war - "...nimmsch eifach dis iPhone mit, denn wird dir nöd so langwilig!". Dazu muss man vielleicht sagen, dass meine beste Freundin eine ziemlich furchtlose Person ist, auch was Zahnarztbesuche anbelangt. Und obwohl ich mir schlecht vorstellen konnte, wie ich da am Smartphone was herumklicken sollte, wo ich doch üblicherweise mit geschlossenen Augen daliege (vom Moment an, wo das Lätzchen umgebunden wird, bis zum Satz "Fertig! Sie können sonst ausspülen" nahm ich das iPhone brav mit. Hätte ja sein können, dass ich Zeit für einen Live-Blog-Post gehabt hätte. Aber es kam dann anders.


Ich konnte es schon vor der Behandlung gebrauchen. Als ich da im sonnenlichtdurchfluteten Wartezimmer Platz nahm, fiel mein Blick auf die für die wartenden Patienten hingestellten Getränke. Die Auswahl war für eine Zahnarztpraxis dann eher überraschend. Cola. OK! Aber seit der frühen Kundenbindung und den Kinderlollies an der Rezeption, die ich in anderen Praxen auch schon gesehen habe, überrascht meinereiner ja gar nichts mehr. Spontan kamen mir die Bilder in den Sinn, die man aus dem Internet kennt, wo Leute über Nacht herausgefallene Milchzähne von Kindern in Cola einlegen. Damit demonstrieren sie dann bildlich, wie sie "über Nacht" quasi verfallen, wenn sie in der braunen Brühe baden.

*Zucker und Säure.*

Was ich an Dr. Dream-Eye ja sehr schätze, ist seine Pünktlichkeit. Und sein Humor. Ich hoffe, er ist zu all seinen Patienten so. Denn er redet viel, erklärt viel und lacht auch viel. Ein Angstpatient schätzt das. Und ich denke unterdessen auch, dass so ein Angstpatient mit kritischen Fragen und einer grossen, sedierten Backe, auch ein klein wenig Unterhaltungswert für einen Zahnarzt haben kann. "Na, wie gehts Ihnen denn heute?" fragte Dr. Dream-Eye fröhlich. "Bald wesentlich besser" erwiderte ich. Natürlich vergass ich nicht, ihn an die Flusspferddosis Betäubungsmittel zu erinnern, wonach er mir eine Geschichte erzählte, bei der ein Patient offenbar einmal eine Wurzelbehandlung ohne Betäubung verlangt habe. Ich hätte die Augenbraue gehoben, aber das Betäubungsmittel zeigte zum Glück schon seine Wirkung. Was er mir damit sagen wollte, war mir dann herzlich egal. Als das Gefühl aus meiner rechten Backe immer mehr verschwand, tanzten kleine süsse Rauschgiftengel in meinem Kopf bereits Cha Cha Cha. Hallelujah.

Ich tat dann nach einiger Zeit etwas, was ich sonst beim Zahnarzt nie mache. Ich entspannte mich mal kurz. Und öffnete auch mal die Augen. Dabei fiel mir - was für ein Zufall - die grelle Behandlungslampe ins Auge und das Wort, das fett gedruckt auf dem runden Plastikstück stand. "DANGER". Na danke schön. Ein Mahnmal für alle, die zu spät merken, wo sie da sitzen. Oder liegen. Denn dann ist's schon zu spät. Die Natur ist ja ziemlich schlau, glaube ich. Antilopen spüren instinktiv einen herannahenden Tiger (oder welches Tier auch immer Antilopen verspeist). Vögel und Pferde und sicher viele andere Tiere bemerken Erdbeben, Vulkanausbrüche und Wetterumschwünge eher, als viele Menschen es tun. Die über Jahre hinweg autodidaktisch ausgebildete Profi-Einkäuferin wittert im Winterschlussverkauf Fressfeinde zwei Armlängen  im Vornherein und schnappt sich den Schal der Begierde noch 2 Sekunden vor der Konkurrentin, die sich von der Seite her anpirscht. Und mich warnt mein Unterbewusstsein vor JEDEM Zahnarztbesuch pünktlich viele viele Tage vorher schon vor der anstehenden "Gefahr". Jetzt allerdings habe ich Pause. "Wir sehen uns dann irgendwann mal in einem halben Jahr wieder - nur zur Dentalhygiene, keinen Angst!" meinte Dr. Dream-Eye zum Abschied. "Mhhh - hmmm" nickte ich, meine rechte Wange in meiner Hand haltend, und dem linken Daumen in der Luft. "Sie waren ja sehr tapfer. Wollen Sie sich ein kleines Spielzeug aus dem Kinderkarton aussuchen?" scherzte Herr Doktor. 

Da hob ich dann einfach die linke Augenbraue und lächelte schief: "Nein danke, das ist sehr freundlich aber ich hab mein Geschenk schon bekommen." Auf den fragenden Blick von Dr. Dream-Eye hin fügte ich dann noch hinzu: "Die 23 Betäubungsspritzen. Die sind das aller allerbeste Geschenk."

*Pic: Unbekannter User (Someecards)*



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