Noch läppische drei Wochen, dann ist schon fast Weihnachten! Und ich mag Weihnachten gut leiden. Kekse zu backen. Zu planen, die Weihnachtstanne selbst im Wald hacken zu gehen. Die Weihnachtstanne dann doch im Gartencenter zu holen, weil man weder Axt noch Holzfällerkompetenzen besitzt. Die Tanne dann mit tollen Kugeln zu schmücken. Zu fluchen, weil man nicht die Tanne mit den weichen Nadeln erwischt hat, sondern mit den Nadeln, die pieksen. Die Hälfte der Kugeln deshalb beim Aufhängen fallen zu lassen. Nummer 2 daran zu hindern, auf den Tannenbaum klettern zu wollen. Die elektrischen Lichterketten aus dem Keller zu holen. Eine Stunde lang die Lichterkette zu entwirren, die so verknotet in der Kiste liegt, dass David Copperfield damit seine liebe Mühe hätte. Und last but not least – abends spät heimlich noch die Schokoladentannzapfen und die Pfefferkuchen an die Tanne zu hängen, damit sie nicht schon alle am selben Abend in den Bäuchen unserer gefrässigen Familienmitglieder landen. Oh du fröhliche und total stressfreie und kalorienarme Weihnachtszeit!
Zu uns kommt am 24.12. der Weihnachtsmann. Ich erinnere mich, es war irgendwann im Kindergartenalter, als meine Freunde mir vom Christkind erzählten. Damals war ich knapp fünf Jahre alt aber offensichtlich alt genug, um an der Storyline „s Christkindli chunt a Wiehnachte und bringt allne Chind uf de Welt Gschenkli!“ relativ viele unrealistische Szenen zu erkennen. Echt jetzt: Ein kleines Baby macht allein am Weihnachtsabend auf Zalando-Guy, und das global? Die Geschichte mit dem starken, bärtigen Mann in Rot, der mit einer Armada an Wichteln das ganze Jahr über (!) im nördlichsten Norden Europas an den Geschenken aller Kinder werkelt, und diese dann mit einem riesigen (!) Zauberschlitten und mit der Hilfe seiner Rentiere am Weihnachtsabend zu allen Kindern befördert – das klingt doch ungemein realistischer. Dennoch beharrten meine Kollegen damals auf ihrer Version der Geschichte. Solange die Geschenke pünktlich unter dem Baum landeten, konnte es ihnen ja auch egal sein, wessen Version der Wahrheit entsprach.
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In der Schweiz sorgt ja ein weiterer Kerl vor Weihnachten für Verwirrung für all jene Kinder, die mit Santa Claus, dem Weihnachtsmann oder Père Noel rechnen: Der Samichlaus. Eine entfernte Bekannte aus Amerika, die für einige Monate in derselben Firma wie ich arbeitete, hörte die Geschichte vom Samichlaus und dem Schmutzli eines Tages beim Lunch zu ersten Mal und prustete los vor Lachen: „You gotta be kidding me. There’s that Samichlaus-Guy that brings sweets and nuts to the kids, and there’s that DARK DUDE following him?!“ Ich brauche wohl nicht gross zu erwähnen, dass weder sie noch ihre amerikanischen Freunde in der Heimat die Geschichte richtig glauben konnten. Nummer 1 hat ganz ehrlich auch ein Durcheinander mit den zwei alten Herren in Rot. Dem einen muss man Verse vorsagen, dem anderen schreibt man einen Brief. Der eine bringt Mandarinen und Nüsse, der andere Geschenke. Der eine hat den Dark Dude und einen Esel, der andere einen Rentierschlitten und einen Haufen Wichtel. Und: der Samichlaus kommt ausgerechnet am finnischen Unabhängigkeitstag vorbei! Hallelujah.
Nun – egal wer der Bote auch ist, Geschenke sind ja immer willkommen. So langsam baut sich innerhalb der Familie auch langsam von verschiedenen Seiten her eine Erwartungshaltung auf, was Weihnachten betrifft. Damit auch Druck. Von vielen Freunden höre ich in den letzten Jahren immer häufiger, dass die Geschenketauscherei abgeschafft wird. Damit dieser „Stress ein Ende hat“, den man sich vor Weihnachten in den Geschäften herumrennend einfach nicht mehr antun will.
Advent Advent, die Menschheit rennt.
Geschenkewahn, bald reicht es mir,
ich setz‘ das Fest bald vor die Tür!
Ich habe da eine gespaltene Meinung dazu. Ich finde, unter diese verflixte mit dem Investment von Blut und Schweiss geschmückte Tanne gehören auch ein paar schöne Pakete. Allerdings kenne ich auch die Situation, wenn einem die Zeit davonläuft und gleichzeitig die Schweissperlen auf die Stirn steigen, weil man weiss, man muss noch x Geschenke kaufen. Meine beste Freundin macht es schlau. Sie kauft alle Geschenke schon im November und lächelt dann selig den ganzen Dezember, wenn die anderen Leute das Gesicht verziehen und sich fragen „was söll ich echt das Jahr chaufe…?“. Ich kann das nicht. Zwar kaufe ich das ganze Jahr durch immer wieder tolle Sachen für die Menschen, die ich gerne mag. Doch ich muss diese Geschenke dann auch SOFORT überreichen. Niemals könnte ich sie in den Schrank packen und so etwas Unrealistisches tun wie „warten“ oder sie aufsparen. That’s not gonna happen. Ich freue mich selbst viel zu sehr am Gesichtsausdruck des Beschenkten. Das ist meist schöner, als selbst etwas zu bekommen. Überraschungen gehören zur Bescherung einfach dazu, und deshalb finde ich es auch nur halb so schön, wenn man vorher abspricht, was man einander schenken möchte. Significant Other weiss das. Deshalb steigen ihm regelmässig vor meinem Geburtstag und um den 23. Dezember herum besagte Schweissperlen auf die Stirn. Denn was schenkt man jemandem, der ja praktisch alles hat?
Nun sind wir Frauen ja so gestrickt, dass wir durch’s Jahr hindurch immer wieder GANZ SUBTILE Hinweise streuen, was wir mögen. Oder ich sag’s anders: Wir denken, wir seien so subtil und so clever, und wir gehen davon aus, dass die Herren der Schöpfung unsere dezenten Hinweise („Diese Tasche. Diiiiese Tasche wünsche ich mir als Geschenk!“ oder „Ich han au gern Blueme!“ oder „Häsch gse die schöni Kette wo die Frau um de Hals hät? Weisch wie isch die SCHÖN!“) selbstverständlich auch registrieren.
Ladies: Sie.tun.es.nicht. Allermeistens auf jeden Fall. Verlasst euch an dieser Stelle eher noch auf die Existenz und den Goodwill von Christkind oder Weihnachtsmann.
Es soll aber nicht der Eindruck entstehen, an Weihnachten ginge es nur um Präsente und Konsum. Auch wenn uns das die Grossverteiler suggerieren, wenn sie uns – kaum sind die Sommerferien vorbei – schon das Weihnachtssortiment präsentieren. Schlussendlich geht es ja um Zeit, die man in einer schönen Atmosphäre in der Familie verbringen möchte. Nicht selten aber entladen sich just während der Feiertage sämtliche unter der Oberfläche rumorenden Konflikte und die hohen Ansprüche der einzelnen Personen führen zu Enttäuschungen und Weihnachtsfrust statt Weihnachtslust.
Nach unterdessen 33 Weihnachtsfesten, die ich hinter mir habe, von denen ichan die 29 ziemlich bewusst wahrgenommen habe, schraube ich schon am ersten Advent meine Erwartungen herunter und versuche einfach, S.O. sowie Nummer 1 und Nummer 2 möglichst schöne Weihnachten zu bescheren. Durch den Brief an den Weihnachtsmann, der sämtliche ihrer Kleinmädchenwünsche beinhaltet, kann bei Nummer 1 fast nichts schief gehen. Nummer 2 ist glücklich, wenn sie die Geschenke von Nummer 1 klauen und im Geschenkpapier versinken darf. Ausreichend Lebkuchen werden vorhanden sein und auch genug rote Lindorkugeln für meine bessere Hälfte, damit sich das Gym im Keller so richtig lohnt. Was mich angeht, lass ich mich überraschen. Vielleicht sollten wir alle auch weniger darauf vertrauen, dass unser Umfeld immer unsere subtilen Zeichen erkennt oder Gedanken lesen kann. Vielleicht lohnt es sich, das grosse Überraschungsmoment zu opfern, damit die Enttäuschung beim Geschenkeaufpacken dafür keine Chance hat.
Nicht zuletzt haben wir unsere Wünsche ja sehr stark selbst in der Hand. Schliesslich verfügen die meisten unter uns entweder über a.) gesunde Beine, die uns ins Geschäft unserer Wahl tragen oder b.) über funktionstüchtige Finger, mit deren Hilfe wir die ganze Online-Shopping Welt durchkämmen können.
Aber so einen letzten Versuch, rund drei Wochen vor Weihnachten kann man ja starten. Selbstverständlich gaaanz subtil.
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