Es gibt Dinge, bei denen man sich ernsthaft fragen muss, weshalb die Natur sie einem beschert hat. Eine solche Sache sind Weisheitszähne. Denn wo man nur hinhört: die Dinger machen eigentlich nur Ärger.
Natürlich kann es sein, dass früher - als wir noch in Höhlen wohnten und uns auf die haarige Brust trommelten - ein paar Zähne mehr einen gewissen Überlebensvorteil mit sich gebracht haben. Aber heute benötigt der normale Homo Starbuckiens nun wirklich keine übermässigen Mahlfähigkeiten mehr, wenn er sich seinen Frühstücksmuffin in den Mund schiebt und am Mittag an einer Bratwurst herumbeisst. Meine Grossmutter war immer der Meinung, dass man kein Körperteil und sei es auch noch so klein entfernen sollte, wenn nicht dringend nötig. Alles erfülle im Körper seinen Zweck. Fair enough. Und so liess ich auch meine 3 Weisheitszähne in Frieden, da sie mir keine Probleme bereiteten.
Dann kam der Tag, an dem mein ehemaliger Zahnarzt - ein resoluter Typ mit der Postur eines Detlef D. Soost gekreuzt mit einem Gummibärchen - mir eröffnete, ich könne mir dann übrigens bis 40 überlegen, ob ich die Weisheitszähne lieber entfernen oder drinbehalten wolle. Einige Jahre später traf ich auf Dr. Dream-Eye (wir erinnern uns). Und Dr. Dream-Eye war ganz anderer Meinung als mein Gummibärchen in weiss. "Die hätten Sie schon mit 18 rausnehmen sollen!" tönte er. Besonders einer meiner Weisheitszähne hätte das Potential, ein Troublemaker zu werden. Deshalb arbeitete Dr. Dream-Eye konstant darauf hin, mich zu überzeugen, ihn doch herausnehmen zu lassen. Und nun war es soweit. Er hatte mich überzeugt und ich wollte es einfach nicht mehr aufschieben. Ich griff vor kurzer Zeit todesmutig zum Telefon und bat um einen Termin.
Zu meiner Zahnarztangst sollte erschwerend hinzukommen, dass Dr. Dream-Eye gar keine Weisheitszähne entfernt, sondern sein Kollege. Wir nennen ihn hier Dr. Quick. Er ist nicht der Mann vieler Worte, sondern eher ein Mann der Taten. Er traf mich im Behandlungszimmer an, weiss wie eine Kalksäule und so nervös vor Angst, dass die Begrüssung warten musste und mir zuerst ein "Sedieren Sie mich bitte wie ein Flusspferd!" herausrutschte. Er fand das ganz schön amüsant (ich habe langsam das Gefühl, ich amüsiere Zahnärzte generell) und lachte immerzu. Wenigstens jemand, der es lustig hatte. Nach 5 Spritzen fühlte sich meine Wange noch immer nicht wirklich sediert an, aber Dr. Quick war überzeugt, dass es nun losgehen könne. Seiner Aufforderung, mich einfach "zu entspannen" folgte ich selbstverständlich nicht. Ich atmete wie Bambi auf einer Verfolgungsjagd und krampfte meine Hände so fest ineinander, dass sie taub wurden. "Soooo....draussen ist er!" hörte ich Dr. Quick sagen, der seinem Namen alle Ehre machte. Erst dachte ich, er wolle mich verkohlen. Aber als die Arzthelferin den Stuhl hinauffuhr und mich fragte "...möchten Sie den Zahn mitnehmen?" begriff ich, dass es tatsächlich vorbei war. Die Prozedur war in meinem Fall viel weniger schlimm, als befürchtet. Natürlich ist der Heilprozess noch voll im Gange und teilweise mühsam. Aber ich habe mich bestimmt eine Zillion Mal mehr davor gefürchtet, als es nötig gewesen wäre. Habe ich erwähnt, dass ich dem Erfinder der Zahnarztspritzen einen Nobelpreis verleihen würde? Nein? Ich würde.
Dr. Dream-Eye sehe ich hoffentlich erst 2015 mal wieder. Aber er hat mich einen Brief hinterlassen, wo draufsteht, wie ich nun während der nächsten Tage vorgehen soll, damit die Wunde schön heilt. Da stehen lustige Dinge drauf, wie zum Beispiel:
- "Während der nächsten 2 Wochen das Schneuzen der Nase vermeiden." Ja aber klar doch. Im Dezember.
- "Während 3 Tagen keine Milchprodukte, kein Kaffee." Ob Dr. Dream-Eye wohl weiss, dass er dadurch die Existenz von Starbucks in Zürich gefährdet?
- "Körperliche Anstrengungen in den nächsten Tagen sind verboten". Ich bitte um eine genaue Definition für Eltern mehrerer Kleinkinder.
- "Speisen mit kleinen Bestandteilen wie Körner, Reis etc. sind zu vermeiden". Vielen Dank für dieses Bild - ich werde nie wieder etwas essen können. Ständig sehe ich die sich füllende Wunde vor mir. Gefüllt mit Schokolade, Körnerbrot und Sushi.
Trotz allem bin ich froh. Eine Plage weniger. Aber ich würde mir schon wünschen, dass die Evolution sich in Zukunft besser überlegt, wem Sie vermeintliche Weisheit in den Mund legt, wo sie doch vom Zahnarzt des Vertrauens ohnehin wieder extrahiert wird. Auf normales Essen mit festen Bestandteilen freue ich mich jetzt schon.
Sobald ich wieder kraftvoll zubeissen kann.
Unknown creator. |
Natürlich kann es sein, dass früher - als wir noch in Höhlen wohnten und uns auf die haarige Brust trommelten - ein paar Zähne mehr einen gewissen Überlebensvorteil mit sich gebracht haben. Aber heute benötigt der normale Homo Starbuckiens nun wirklich keine übermässigen Mahlfähigkeiten mehr, wenn er sich seinen Frühstücksmuffin in den Mund schiebt und am Mittag an einer Bratwurst herumbeisst. Meine Grossmutter war immer der Meinung, dass man kein Körperteil und sei es auch noch so klein entfernen sollte, wenn nicht dringend nötig. Alles erfülle im Körper seinen Zweck. Fair enough. Und so liess ich auch meine 3 Weisheitszähne in Frieden, da sie mir keine Probleme bereiteten.
Dann kam der Tag, an dem mein ehemaliger Zahnarzt - ein resoluter Typ mit der Postur eines Detlef D. Soost gekreuzt mit einem Gummibärchen - mir eröffnete, ich könne mir dann übrigens bis 40 überlegen, ob ich die Weisheitszähne lieber entfernen oder drinbehalten wolle. Einige Jahre später traf ich auf Dr. Dream-Eye (wir erinnern uns). Und Dr. Dream-Eye war ganz anderer Meinung als mein Gummibärchen in weiss. "Die hätten Sie schon mit 18 rausnehmen sollen!" tönte er. Besonders einer meiner Weisheitszähne hätte das Potential, ein Troublemaker zu werden. Deshalb arbeitete Dr. Dream-Eye konstant darauf hin, mich zu überzeugen, ihn doch herausnehmen zu lassen. Und nun war es soweit. Er hatte mich überzeugt und ich wollte es einfach nicht mehr aufschieben. Ich griff vor kurzer Zeit todesmutig zum Telefon und bat um einen Termin.
Unknown Creator |
Zu meiner Zahnarztangst sollte erschwerend hinzukommen, dass Dr. Dream-Eye gar keine Weisheitszähne entfernt, sondern sein Kollege. Wir nennen ihn hier Dr. Quick. Er ist nicht der Mann vieler Worte, sondern eher ein Mann der Taten. Er traf mich im Behandlungszimmer an, weiss wie eine Kalksäule und so nervös vor Angst, dass die Begrüssung warten musste und mir zuerst ein "Sedieren Sie mich bitte wie ein Flusspferd!" herausrutschte. Er fand das ganz schön amüsant (ich habe langsam das Gefühl, ich amüsiere Zahnärzte generell) und lachte immerzu. Wenigstens jemand, der es lustig hatte. Nach 5 Spritzen fühlte sich meine Wange noch immer nicht wirklich sediert an, aber Dr. Quick war überzeugt, dass es nun losgehen könne. Seiner Aufforderung, mich einfach "zu entspannen" folgte ich selbstverständlich nicht. Ich atmete wie Bambi auf einer Verfolgungsjagd und krampfte meine Hände so fest ineinander, dass sie taub wurden. "Soooo....draussen ist er!" hörte ich Dr. Quick sagen, der seinem Namen alle Ehre machte. Erst dachte ich, er wolle mich verkohlen. Aber als die Arzthelferin den Stuhl hinauffuhr und mich fragte "...möchten Sie den Zahn mitnehmen?" begriff ich, dass es tatsächlich vorbei war. Die Prozedur war in meinem Fall viel weniger schlimm, als befürchtet. Natürlich ist der Heilprozess noch voll im Gange und teilweise mühsam. Aber ich habe mich bestimmt eine Zillion Mal mehr davor gefürchtet, als es nötig gewesen wäre. Habe ich erwähnt, dass ich dem Erfinder der Zahnarztspritzen einen Nobelpreis verleihen würde? Nein? Ich würde.
Dr. Dream-Eye sehe ich hoffentlich erst 2015 mal wieder. Aber er hat mich einen Brief hinterlassen, wo draufsteht, wie ich nun während der nächsten Tage vorgehen soll, damit die Wunde schön heilt. Da stehen lustige Dinge drauf, wie zum Beispiel:
- "Während der nächsten 2 Wochen das Schneuzen der Nase vermeiden." Ja aber klar doch. Im Dezember.
- "Während 3 Tagen keine Milchprodukte, kein Kaffee." Ob Dr. Dream-Eye wohl weiss, dass er dadurch die Existenz von Starbucks in Zürich gefährdet?
- "Körperliche Anstrengungen in den nächsten Tagen sind verboten". Ich bitte um eine genaue Definition für Eltern mehrerer Kleinkinder.
- "Speisen mit kleinen Bestandteilen wie Körner, Reis etc. sind zu vermeiden". Vielen Dank für dieses Bild - ich werde nie wieder etwas essen können. Ständig sehe ich die sich füllende Wunde vor mir. Gefüllt mit Schokolade, Körnerbrot und Sushi.
Trotz allem bin ich froh. Eine Plage weniger. Aber ich würde mir schon wünschen, dass die Evolution sich in Zukunft besser überlegt, wem Sie vermeintliche Weisheit in den Mund legt, wo sie doch vom Zahnarzt des Vertrauens ohnehin wieder extrahiert wird. Auf normales Essen mit festen Bestandteilen freue ich mich jetzt schon.
Sobald ich wieder kraftvoll zubeissen kann.
*homemade* |