Quantcast
Channel: Und schon wieder schreibt sie.
Viewing all articles
Browse latest Browse all 156

10 Dinge, die ich hasse. #3: DIGITALE ABHÄNGIGKEIT

$
0
0
Medien sind eine tolle Sache. Sie machen uns ganz ganz oft das Leben leichter, amüsanter oder spannender. Aber keine Medaille ohne Kehrseite, nicht wahr. Erst Ende letzter Woche durfte ich die digitale Abhängigkeit am eigenen Leib erfahren. Und was soll ich sagen. I did not like. Schon in der Vergangenheit gab es Momente, wo ebendiese digitale Abhängigkeit ganz deutlich durch das grau des Alltags hindurchflackerte, und ich bin sicher, dass ich nicht die Einzige bin, die das Gefühl kennt, wenn plötzlich wegen dreier grosser W's nichts mehr geht. Aber lest selbst.

Es war im Sommer 2013. Unser Internetanbieter hatte einen netten Brief geschickt, in dem Stand, wir könnten zum selben Preis noch schnelleres und zuverlässigeres Internet bekommen, so dass die Datenpakete nur so hin und her flitzen. Wir wären ja blöd gewesen, hätten wir so ein tolles Angebot nicht ins Auge gefasst, nöd wahr! "Internet everywhere" hiess es bezeichnenderweise. Und ab dem Moment, als wir dem neuen Angebot zustimmten, funktionierte www-technisch bei uns zu Hause für 4 Wochen überhaupt nichts mehr. Selten haben findige Marketing-Leute so schlechte namensgebnerische Arbeit geleistet wie bei "Internet everywhere". Denn in Tat und Wahrheit kauften wir uns 4 Wochen "Internet NOwhere" ein. Das ging so weit, dass wir die Leitung der Grosseltern anzapfen mussten, so dass sich ein Kabel ähnlich einer Nabelschnur 2 Wochen lang durch ihren und unseren Garten schlängelte, damit das Arbeiten im "homeoffice" doch noch möglich war. Ohne Internet geht ja heute fast gar nichts mehr. Die Arbeit ist erschwert möglich. Einzahlungen werden zu spät oder gar nicht gemacht. Freunde reagieren beleidigt wenn man nach 2 Tagen noch nicht auf das wichtige E-Mail ("Söli die rote oder die grüene Schueh chaufe, was meinsch?") noch nicht geantwortet hat. Und der Leshop Mann kriegt die Krise, wenn unsere Bestellungen während 4 Wochen ausbleiben und wir noch mehr aufgrund seiner Abwesenheit!

*made with Rottenecards*

So gingen 4 Wochen Sommer ins Land und am Ende löste der Anbieterkonkurrent das Problem in einem Tag. In EINEM. So kam es dann, dass mir ein ganz klein bisschen der Nuggi rausspickte, was den alten Anbieter anbelangte, und ich beschloss, Ende Dezember 2013 auch mein Mobilabo der Konkurrenz anzuvertrauen. Alles lief ganz prima. SIM-Karte rein ins Telefon, den neuen SIM-PIN von der klitzekleinen Plastikkarte abgelesen, einmal eingetippt, alles super. Man sollte an dieser Stelle vielleicht erwähnen, dass ich mein Smartphone fast nie ausschalte, sondern einfach auf lautlos stelle und es in der Nacht auflade. So kam es also, dass ich letzten Freitag das Haus verliess, mir zuvor mit meinem SBB-App mein Bahnbillet auf das Smartphone bestellte und ab ging die Post. Im Zug schwächelte dann plötzlich die Internetverbindung, bis sie dann endgültig klemmte. Mein Gegenüber muss meinen skeptischen Blick auf das Gerät bemerkt haben, denn plötzlich sprach es: "Vilicht müend Sie's eifach rasch abschalte und wieder aaschalte! Das hilft immer. Bim Auto mues mer mängisch au eifach kräftig degege gingge!" Ich lächelte künstlich, bedankte mich für die hilfreichen Tipps und beschloss, denjenigen mit dem Ausschalten auszuprobieren und denjenigen mit dem Auto dann doch zu lassen. Also Knopf runter, warten. Erneut anschalten - und PIN-Code eingefüttert. Falscher PIN-Code? Kann nicht sein. Ich hab mich wohl verlesen. So vertippt man sich nur vor dem ersten anständigen Kaffee. Also erneut den PIN-Code eingetippt. FALSCHER PIN-Code. Und in rot prangten nun die Lettern "NOCH EIN VERSUCH BIS ZUR SPERRUNG" vor mir. A rush of blood through my head. Ich wurde rot. Es lief mir ein kalter Schauer den Rücken herunter und im Zug wurde gerade die Endstation ausgerufen. Für mich war auch Endstation. Denn eiskalt erfasste mich die Erkenntnis, dass ich den PIN-Code nicht verändert hatte - der Alte galt nicht mehr! Und der neue lag im homeoffice in meiner Schreibtischschublade. "So schlimm isch doch das nöd! Denn telefoniersch halt nöd und whatsäpplisch eifach dihei wiiter!" könnte man meinen. Aber. Auf meinem Smartphone befindet sich ja auch mein Zugbillet. Nervös schaute ich herum und war froh, fuhr der Zug direkt in den Endbahnhof ein. "Schnell Significant Other anrufen - er kann den Code zu Hause nachschauen!" dachte ich. Aber wie anrufen? Das Smartphone war tabu, und noch immer drohten mir die Buchstaben "Noch ein Versuch!" bei jedem Blick auf den Bildschirm. Ich konnte auch den Weg nicht fortsetzen, hatte ich doch kein Billet. Also als erstes ein Ticket kaufen. Und dann fiel es mir ins Auge. Das Münztelefon.

*Relikt aus alten Zeiten*

Das letzte Mal, dass ich mit so einem Ding Kontakt hatte, war wohl so anno 1996, bevor ich mein erstes Handy geschenkt kriegte. Für einen Moment war ich nicht einmal mehr sicher, ob man da Prepaid Karten reinsteckt oder ob normale Münzen auch gehen. Zum Glück funktionierte Letzteres. Und da ich seit Jahren davon überzeugt bin, dass der Mensch die wichtigsten 5 Telefonnummern im Kopf speichern sollte, wusste ich auch Significant Others Nummer UND unsere Zuhausenummer, als Significant Other unter seiner Nummer erst einmal nicht abhob. Die Nervosität hielt an, bis er den Hörer abhob. "Hallo?" Natürlich erkannte er die schräge Nummer nicht. "Fräg nöd! Kei Ziit - kei Gäld! Ich bin's übrigens (an dieser Stelle ertönte ein wenig überraschtes "Ahaa!"). Gang ganz schnell is homeoffice und hol mir bitte min neue PIN Code ich bin VERLOOOOOORÄÄÄÄÄ!" Die Aufregung fiel erst von mir, als S.O. mir den korrekten neuen Code sagte und ich ihn korrekt eingetippt hatte. "Entsperrt" leuchtete mir entgegen. Ich war wieder unter den Lebenden. Ich hatte wieder Kontakt zur Welt, zum Internet, und war nicht mehr ein potentieller Schwarzfahrer. "Danke - bis später!" rief ich S.O. zu, der sicher kopfschüttelnd den Hörer auflegte.

*Troll.me Meme, Unknown User*

Als erste Amtshandlung änderte ich den PIN in den alten PIN zurück und fluchte leise über meine Schusseligkeit. Als Zweite beschloss ich, mich von den vielen tollen Funktionen des Smartphones - so toll sie auch sein mögen, künftig nicht mehr so abhängig zu machen. Denn das hatte sich jetzt ganz und gar nicht lässig angefühlt. Digital Errungenschaften sind toll. Aber sie sind nur so lange toll, bis sie unverzichtbar werden. Deshalb empfiehlt es sich, auch immer eine "Steinzeitlösung" in petto zu haben, für den Fall, dass aus technischen Gründen oder menschlichem Versagen die schönen, neuen Techniken mal ihren Dienst verweigern. Ein paar Münzen in der Hosentasche haben noch nie geschadet. 

Wenn man sie dann doch nicht für's Dinosauriertelefon braucht, kriegt man am K-Kiosk einen der leckersten Latte Macchiato's. Für nicht einmal 4 Franken. Ganz analog, und mit einer guten Portion Koffein für ganz ganz starke Nerven.

Viewing all articles
Browse latest Browse all 156