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Channel: Und schon wieder schreibt sie.
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Männer in Weiss. Dr. Dream-eye, paging Dr. Dream-eye!

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Seit gestern gibt es einen neuen Mann in meinem Leben.

Er arbeitet hier ganz in der Nähe. Er hat ziemlich kurze, dunkle Haare und blaue, schelmische Augen. Ich glaube er verdient auch nicht schlecht. Meine beste Freundin hatte schon von ihm geschwärmt: "Er hät imfall uu schöni Auge!" und davon überzeugte ich mich dann gestern gleich selbst. Ich war irre nervös, als ich zu ihm ging. Es hat sich wirklich ein wenig angefühlt wie ein erstes Date: schweissnasse Hände - ein erhöhter Puls. Ich konnte zuvor nichts essen und auch nicht schlafen. Und ich habe gehofft, dass er mir nicht wehtun wird. Ja, schon beim ersten Treffen sind wir uns auch näher gekommen, zwangsläufig. Denn der Gute Dr. Dream-eye ist mein neuer Zahnarzt. Und deshalb wünschte ich mir gestern ganz ganz fest Superkräfte. Zum Beispiel die Superpower, nicht so eine Heidenangst vor dem Gang zum Zahnarzt zu haben.

Wenn im Terminkalender das Thema Zahnarzt auftaucht, dann verwandle ich mich emotional in ein kleines Kind zurück. Ich habe da einige kleine Traumata aus Kindheitstagen und es graut mir schon davor, wenn Nummer 1 und Nummer 2 zum Zahnarzt müssen. Das muss dann Significant Other übernehmen. Denn wir hatten da vor der Familienplanung einen Deal. "Wenn's Meitli werdet, denn klärsches DU uf. Wenn's Buebe sind, mach ich's" meinte S.O. - fair enough. Jetzt übernimmt er eben die Sache mit der Zahnfee und dem Onkel Doktor.

Jetzt ist Nummer 1 grad in dem Alter, wo sie den Zahnarzt aus Kinderbüchern kennt und irgendwie findet sie ihn jetzt schon unheimlich. Ich frage mich, woher sie das bloss hat. Skeptisch schaut sie die Seiten im Buch an, blättert, blättert zurück und sagt "Mami, ich han de Zahnarzt nöd gern!". Und elterlich beschwichtigend antwortet man da ja irgendwie so: "Ja aber de Zahnarzt isch eigentlich en LIEBÄ, will er macht dases dine Zäh guet gat oder er luegt, dass öbbis nym weh macht!". Ich glaube mir da selbst ja schon kein Wort. Aber dieses Mantra krame ich mir dann immer und immer wieder hervor, wenn ich auf dem Zahnarztstuhl sitze/ liege und die Angst mein Herz immer lauter pochen lässt. Ich komme mir auf diesem Zahnarztstuhl immer ein wenig vor wie im OP. Mit Blick auf diese grelle Lampe, die wie ein Damoklesschwert über mir hängt. Und ich kneife ja immer die Augen ganz arg fest zu, wenn es los geht, weshalb ich von den "schönen Augen" von Dr. Dream-eye gar nichts habe, während der Behandlung. Ich hoffe dann immer, es sei ganz schnell vorbei. Ein wenig wie Lily Allen in ihrem neuen Video, wo sie ihren Manager bei der nicht ganz freiwilligen Fettabsaugung fragt:  "Are we nearly done?" - "No honey, we'll be here for a while..."


*Pic: Hard Out Here Video Clip. Meme: homemade*

http://www.youtube.com/watch?v=E0CazRHB0so

Yep, it's hard out here, für jene, die sich vor dem obligaten Gang zum Zahnarzt fürchten. Egal, wie sehr die Umwelt einem beteuert, es "werde sicher nicht so schlimm" oder man "solle sich zusammenreissen". Immerhin waren die Götter gnädig mit mir. Angst vor Spritzen habe ich keine. Null. Deshalb habe ich auch grad just nach dem ersten Händedruck meinen ganzen Mut zusammengenommen und Dr. Dream-eye direkt gesagt, wie es um mich steht. Nämlich, dass er doch bitte im Fall einer Behandlung, die Schmerzen verspricht, einfach die doppelte Dosis nehmen solle, die ein durchschnittliches Flusspferd lahmlegt, und dann solle er noch eine Dosis extra für mich draufpacken. Sein Lächeln verriet mir: der Kerl hatte mich ganz sicher ernst genommen! Ich hoffe, er hat sich das alles gemerkt, als er seine Notizen in den Computer tippte. Da steht sicher so etwas wie: "Frau X hat einen an der Waffel und ist ein potentieller Problembär. Ausreichend sedieren."

*homemade*

Superkräfte wären im Alltag generell noch praktisch. Zum Beispiel, die Fähigkeit den schon anfahrenden Zug kurz nochmals anzuhalten, um reinzuspringen. Oder warum nicht direkt zur Arbeit fliegen können? Kein Stau, kein Fluchen über die Schweizer Bundesbahnen, keine kollidierenden Trams und Busse. Im Direktflug in den Starbucks (resp. zur Konkurrenz). Manchmal wäre auch ein Röntgenblick ungeheuer praktisch. Zum Beispiel wenn die Lütten wieder einmal im Spielzimmer verschwinden, man lange Zeit gar nichts hört (ein übles Vorzeichen) und es dann plötzlich aus dem Zimmer kichert. Danach macht es meistens "bumm" oder "klirr". Manchmal beides. Es wäre auch toll, könnte man allerlei schwere Gegenstände mit dem kleinen Finger anheben. Oder um Mitternacht Essiggurkengläser aufschrauben können wäre auch was. Aber as a matter of fact gibt es ja hierfür Männer, die genau diese Fähigkeiten besitzen. Supermänner? Hmm.

Wie ich nun auf dem Zahnarztstuhl da lag und über Superkräfte, Capes und den Fasnachtsumzug im kommenden Februar (und damit verbundene Kostümoptionen!) nachdachte, sah ich aus dem Fenster des Behandlungszimmer plötzlich das Nebengebäude - ha,  mein Lieblingsmodegeschäft in jener Kleinstadt! Durch die grossen Schaufenster sah ich junge Damen und Herren schöne Kleider aussuchen  - hach. Freud und Leid liegen manchmal eben auch räumlich sehr nahe beinander. In Gedanken wünschte ich mich ins Gebäude nebenan, während ich auf die Diagnose nach dem Röntgen warten musste. Ein ganz klein bisschen vermisste ich den Flat-Screen Fernseher im Behandlungszimmer meines Ex-Zahnarztes. Bis Dr. Dream-eye zur Vollstreckung des Urteils herangetrabt kam. Das Gespräch kam dann nochmals kurz auf das Thema Schmerzempfindlichkeit, worauf ich ihm beschrieb, dass ich locker 2 Geburten wegstecken konnte, die beide viel weniger schlimm waren, als meine bisherigen Zahnarzt-Experiences. Worauf Dr. Dream-eye die Erinnerungskiste hervorkramte und sagte: "Ich war auch schon bei zwei Geburten DABEI." Ich weiss nicht genau, was der Gute Mann mir damit sagen wollte. Aber ich glaube ich hob die linke Augenbraue, sagte etwas von "ja bei einer Geburt kriegt man ja wenigstens etwas für die ganze Plackerei!" und dachte:


*homemade*

Der ganze erste Zahnarztbesuch hat dann doch deutlich länger gedauert, als gedacht. Meine Begleitung war nach 1.5h Wartezeit dann leicht verunsichert und fragte an der Rezeption zwei Mal nach, ob ich denn noch leben würde. Woraufhin die Sprechstundenhilfe sich ganz entspannt zurück gelehnt - so erzählte man es mir - und mit einem süffisanten Grinsen geantwortet habe:  

"Ach machen Sie sich keine Gedanken! Es ist ganz bestimmt alles in Ordnung. Bei den jungen weiblichen Patientinnen dauert die Behandlung grundsätzlich etwas länger!" 






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